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Seit es Kirche gibt, ja schon lange davor im Israel des Alten Bundes, gibt es die Klage über die Männer und Frauen, die ihr vorstehen oder sich für sie engagieren. Das würdevolle Amt, so lautet dann immer wieder der Vorwurf, diene dann nicht Gott, seinem Willen und seiner Liebe, sondern werde für eigene Interessen instrumentalisiert, um sich auf irgendeine Weise Vorteile zu verschaffen. Amtsmissbrauch heißt man dies, und so spötteln manche, dass es mit Gott schon recht sei, aber mit seinem Bodenpersonal doch vieles im Argen liege. (Das Matthäusevangelium nimmt sich ein ganzes Kapitel, Mt 23, für die Kritik am Klerikalismus Zeit.) Wenn also nun der gesamte Stadtrat von Aalen einstimmig und durch alle Parteien hinweg beschließt, unsere Schwestern Alexina, Rosemarie und Piata mit der Bürgermedaille in Silber zu ehren, dann ist das schon ein ganz besonderes Zeichen. Der Anstoß dazu kam von außen, nicht von unseren Gemeinden, dass die Lebensleistung der drei „Töchter der Nächstenliebe“ Anerkennung verdiene. Natürlich wurden dadurch indirekt auch die vielen Schwestern geehrt, die sich seit 136 Jahren in Aalen für Kranke, Alte, Frauen und Kinder eingesetzt haben, aber die Wertschätzung der Stadt gilt den dreien auch ganz persönlich. Dabei geht es nicht nur um das Was, sondern auch um das Wie, ihres Einsatzes für andere Menschen. Und als Pfarrer möchte ich hinzufügen, dass mir jener Teil davon besonders wertvoll ist, den man nicht sieht und von dem man nicht sprechen soll, weil Worte das Vertrauen zerstören würde. Schön war die Formulierung von Oberbürgermeister Brütting: „Ohne Menschen wie Sie es sind wäre unsere Gesellschaft eine deutlich ärmere.“ Wir dürfen uns mit unseren Schwestern über diese Aufmerksamkeit freuen und dankbar sein, dass sie uns mit ihrem Leben die Frohbotschaft des Glaubens vor Augen führen, dass wir reich und zufrieden werden, wenn wir uns für andere einsetzen. Vergelt’s Gott, ihr Lieben.

Pfarrer Wolfgang Sedlmeier
Foto: Stadt Aalen