den Päpsten, wenn sie kommen und gehen. Es ist die Kraft von Ritualen, die uns gleichzeitig ganz klein und ganz groß machen (Marie Schmidt). Wir sind ohne unser Zutun überwältigt, zu Tränen gerührt, auch wenn wir nur am Bildschirm dabei sind. Bestenfalls ist die ganze Menschheit für ein paar Augenblicke vereint in dem Gruß „Friede sei mit euch“. Ein Weltwunder, wäre es von Dauer, das tatsächlich den Beginn einer Zeitenwende einläuten würde.
So weit kommt es vermutlich nicht so bald. Leider Gottes. Die Erwartungen an Leo XIV. sind riesengroß, gerne auch mal übermenschlich. Was wäre das für ein Wandel, wenn mit einem Mal die Gleichstellung von Frauen und Männern in der katholischen Kirche das Selbstverständlichste der Welt ist. Was wäre das für ein Wandel, wenn mit einem Mal das politische Gewicht der Kirchen und Religionen wieder so groß ist, dass es keinen Krieg und keinen Terror mehr unter der Sonne gibt.
Als ich neulich mit Freunden den Film „Konklave“ anschaute, habe ich mich an ein Theaterstück während unseres Studiums erinnert. „Becket oder die Ehre Gottes“ von Jean Anouilh. Darin geht es um den Machtkampf zwischen englischer Krone und Kirche im 12. Jahrhundert. Der normannische König Heinrich II. hat Probleme mit der Kirche. Er lässt seinen Kanzler und Freund Thomas Becket zum Erzbischof von Canterbury wählen, um seinen Einfluss zu stärken. Er hat allerdings nicht mit der Charakterstärke von Becket gerechnet, der dem König Widerstand leistet und nach Frankreich fliehen muss. Als er nach England zurückkehrt, erschlagen vier Ritter den aufrechten Thomas in der Kathedrale von Canterbury. Bereits 2 Jahre später wird er von Papst Alexander III. heiliggesprochen. Es war die Zeit der Gegenpäpste und des Schismas, der Machtkampf zwischen Kirche, Kaiser und Königen. Die Androhung von Bann und Exkommunikation war das übliche Mittel der päpstlichen Diplomatie. Mehrfach wurde der Kirchenstaat geplündert. Dazu kam es zu Malariaausbrüchen, die ganze Bischofskollegien dahinrafften. Corruptio optimi quae est pessima, die Verderbnis des Besten ist das Schlimmste. „Durch den Versuch, die Offenbarung zu sichern, zu garantieren, zu regeln, wird das Beste zum Schlimmsten (Ivan Illich).
Wir hatten in unserem Theologenkurs einen genialen Regisseur, der aus uns alles herausholte. In dem Drama von Anouilh wimmelt es von Intrigen und hinterhältigen Bestechungsversuchen. Einer von uns spielte den listigen Kardinal Zambelli, was ihm den Namen Fimbelli einbrachte. Mir ging das Ganze noch einige Zeit nach.
Die Zeiten haben sich geändert. Die Kirche von heute hat den Anspruch, die Zeichen der Zeit zu verstehen und gleichzeitig in der lebendigen Tradition der Reich-Gottes-Botschaft von Jesus zu bleiben. Das ist wie beim Giro d‘ Italia. Die Spitzengruppe nicht aus den Augen verlieren, ohne sich zu übernehmen.
Gute Wünsche hat der neue Papst zu Hauf empfangen. Eine gute Gesundheit gehört dazu und die Sehnsucht nach einem Konzil, das sich, auf der Höhe der Zeit, zu einem Pfingsterlebnis inspirieren lässt.
Wolfgang Fimpel
Foto: Deutsche Bischofskonferenz / Jessica Krämer