Die Idee, den Besuchern der traditionellen Fastenpredigten an den vier Sonntagen vor Ostern etwas Besonderes, nämlich interessante und auch prominente Referenten zu bieten, hatte Pfarrer
Wolfgang Sedlmeier. Gleich am ersten Fastensonntag konnte die Familienreferentin Maria Eßeling deutlich mehr Besucherinnen und Besucher in der fast vollen Kirche willkommen heißen. Auffallend waren die relativ vielen jungen Leute, die wohl der Neugier gefolgt waren. Nach einem animierend schwungvollen Lied zur Gitarre traten Anne Klöcker und Winfried Tobias an den Ambo, das Rednerpult im Altarraum.
„Die körperlichen Erfahrungen des Fastens, des freiwilligen Reduzierens von Nahrung, wie es nicht nur das Christentum eine zeitlang von den Gläubigen verlangt, macht frei für neue Gedanken und Gefühle“, gab Winfried Tobias seinen Zuhörern zu bedenken. Gemeinsam mit Anne Klöcker wurden soziale Kontaktmöglichkeiten vorgestellt, die das Zusammensein in Familie, bei der Arbeit und in der Gesellschaft erleichtern können. Es gehe hauptsächlich darum, Einsamkeit zu überwinden, die sonst zu psychischen Störungen bis hin zu Krankheiten führe. Aus der Fülle von sozialen Impulsen, die Verhaltensforscher dafür entwickelt hätten, stellten die beiden Theaterleute nur einige vor, die für jeden zugänglich seien. Gespräche suchen könne man schon beim gemeinsamen Essen. Es gelte, Momente der Überraschung zu erkennen und bewusst einzubauen, um die Langeweile des Alltags aufzupuschen.
Ein weites Feld der Kontaktaufnahme liege darin, individuelle Besonderheiten auszutauschen, zu bewundern, aber auch zu kritisieren. Es lohne sich, Phantasie zu entwickeln, diese Besonderheiten in das tägliche Handeln miteinfließen zu lassen. Oft seien die Probleme in der Gesellschaft allerdings zu groß, um von Einzelnen angegangen zu werden. „Da empfehlen sich Zusammenschlüsse zu Gruppen und zu Initiativen ehrenamtlicher Arbeit, um Impulse miteinander zu teilen und gemeinsam Lösungen zu finden“.
Der Höhepunkt der Spannung war erreicht, als die beiden Schauspieler ein großes gemeinsames Begegnungsspiel in der Kirche vorschlugen und gleich in die Realität umsetzten. Es brachte Bewegung unter die Zuhörer, als sie aufgefordert wurden, aus den Bänken heraus nach vorne zu kommen, wenn sie den Mut hätten, sich zu bestimmten Eigenarten zu bekennen. Nicht wenige folgten, beispielweise, als es hieß: „Wer war schon mal der Klassen-Clown? Oder die Stiefmutter? Wer wurde als Kind gemobbt oder wer hat andere gemobbt?“ Da gehörte schon ordentlich Mut dazu, sich zu outen.
Voll wurde es um den Altar, als das Kommando ertönte: „Wer ist verrückt nach Liebe? Wer würde am liebsten tanzen?“ Etwas zögerlicher wurden die Reaktionen, als gefragt wurde: „Wer glaubt an ein Weiterleben nach dem Tod?“ In Vierer-Gruppen wurden die gemeinsamen Erkenntnisse ausgetauscht und durch Gruppensprecher den Zuhörern mitgeteilt. Maria Eßeling fand passende Dankesworte an die Aktiven am Ambo sowie an die Besucher und spendete den Segen des „beziehungsreichen Gottes“.
Johannes Müller/Foto: Maria Eßeling